Im Winter-Transferfenster haben sich die Vereine der Bundesliga eher zurückgehalten - im Gegensatz zu den Klubs der englischen Premier League. Die Bundesliga kann finanziell nicht mithalten, hat aber anderes zu bieten.
Marcel Sabitzer wird in letzter Minute vom FC Bayern an Manchester United verliehen. Nationalspieler Philipp Max kommt aus den Niederlanden zurück und schließt sich Eintracht Frankfurt an. Und der Isco-Transfer zu Union Berlin - der vermeintliche "heißeste Winter-Deal der Bundesliga" - platzt quasi auf der Zielgeraden doch noch.
Keine Frage, im gerade zu Ende gegangenen Winter-Transferfenster gab es auch in der Bundesliga einiges an Bewegung. Der sogenannte "Deadline Day" verlief teilweise sogar recht turbulent. Allerdings bewegen sich die Transfers, die von den 18 Bundesligisten getätigt wurden, preislich auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in anderen Ligen. Fast schon traditionell gaben vor allem die Klubs der englischen Premier League sehr viel mehr Geld aus als andere - um genau zu sein 815 Millionen Pfund (922 Millionen Euro) und damit doppelt so viel wie im Rekord-Winter 2018.Besonders tat sich dabei der FC Chelsea hervor, der mit Abstand am meisten investierte - alleine am letzten Tag, bei der Verpflichtung des argentinischen Weltmeisters Enzo Fernandez von Benfica Lissabon, 121 Millionen Euro.
Kein Vergleich mit England
Stefan Ludwig leitet die Sports Business Group bei Deloitte
"Ich glaube, mit England sollte man sich nur noch sehr eingeschränkt vergleichen", sagt Stefan Ludwig, der Leiter der Sports Business Group bei Deloitte im Gespräch mit der DW. Sein Unternehmen gibt seit 1998 die Annual Football Money League heraus, eine Rangliste der 20 weltweit umsatzstärksten Fußballklubs. "Unsere Erwartungen für die Saison 2022/2023 liegen bei über sieben Milliarden Euro Umsatz in der englischen Premier League, verteilt auf 20 Klubs - und für die Bundesliga mit ihren 18 Vereinen bei 3,6 Milliarden Euro. Da fällt es schwer, zu sagen, man ist noch wettbewerbsfähig."
Um es zu verdeutlichen: Die teuersten Transfers der Bundesliga in diesem Winter waren der Wechsel von Josip Juranovic für 8,5 Millionen Euro von Celtic Glasgow zu Union Berlin und der von Julien Duranville, ebenfalls für 8,5 Millionen Euro, vom RSC Anderlecht zu Borussia Dortmund. Beide sind Spieler, die der durchschnittlich interessierte Fußballfan wohl erst einmal googeln muss. Juranovic, der mit Kroatien bei der WM in Katar den dritten Platz belegte, und das belgische Top-Talent Duranville stehen damit ein wenig sinnbildlich dafür, dass die Bundesliga im internationalen Vergleich nicht mehr so finanzstark dasteht, wie früher.
Nur der FC Bayern hält mit
"In der Vergangenheit hatten wir Jahre, in denen fünf deutsche Klubs in denTop 20 der Umsatzliste waren. Davon sind wir im Moment weit entfernt", sagt Stefan Ludwig. Stattdessen kommenin der Football Money League mittlerweile elf von 20 Klubs aus der englischen Premier League.Dennoch, so Ludwig, "wird die englische Liga auch zukünftig nicht alle europäischen Wettbewerbe dominieren können, denn es gibt auch in England nur vier Plätze für die Champions League und entsprechend weitere Plätze für die Europa League und die UEFA Conference League."
Der FC Bayern - in der Deutschland konkurrenzlos, in Europa als einziger Bundesligist konkurrenzfähig
Einzig der FC Bayern kann im Konzert der Großen noch mithalten, obwohl hinter ihm kein Investor wie bei den englischen Klubs stehtund die Münchener auch deutlich weniger TV-Gelder bekommen als die Vereine von der Insel. Der FC Bayern liegt auch ohne seine Transfererlöse mit über 650 Millionen Euro Umsatz auf Rang sechs der Deloitte-Rangliste. Der Klubprofitiert davon, dass er in der Champions League regelmäßig weit kommt. Außerdem können die Münchener aufgrund ihrer Ausnahmestellung in Deutschland bessere Sponsorendeals abschließen als andere Bundesligisten. Auch an diesem finanziellen Vorteil liegt es, dass seit 2013 keine andere Mannschaft mehr die deutsche Meisterschaft gewonnen hat. Viele Fans beklagen Langeweile.
Bundesliga ein "erstklassiges Produkt"
Spielerberater Jörg Neblung sieht das anders: "Ich finde nicht, dass die Bundesliga wegen der Dominanz der Bayern langweilig ist", sagt Neblung der DW. "Wir sehen gerade erstaunliche Dinge in Freiburg und in Berlin. Mich langweilt diese Liga überhaupt nicht." Der Spielerberaterräumt zwar ein, dass die Bundesliga auf Dauer nicht zur englischen Premier League aufschließen könne, stellt aber andere Stärken der deutschen Liga heraus.
"Wir haben trotzdem ein erstklassiges Produkt", sagt er. "Ich glaube, wir tun gut daran, nicht immer nur nach dem Größtmöglichen zu streben, sondern auch das zu schätzen, was wir haben. In der Vergangenheit haben sowohl die Vereine als auch die Liga sehr seriös gewirtschaftet, sodass unsere Liga eine gesunde ist."
Das Wachstumspotenzial im europäischen Fußball, so Neblung, sei allerdings limitiert:"Wir können das Produkt nicht noch weiter ausquetschen, indem wir Spielpläne erweitern oder eine zweite Conference League einführen. Zwar wird jetzt noch einmal Geld aus dem arabischen Raum in den Fußball reingespült, das dann über England oder andere Länder auch den kleineren Vereinen zugutekommt. Aberwir haben ein gewisses Limit erreicht."
Talent-Ausbildung als Nische
Die Bundesliga muss daher ihre Chance in einer Nische suchen, die sie bereits seit Jahren erfolgreich besetzt: die Ausbildung junger Talente, auch aus dem Ausland, die teilweise schon als Jugendliche nach Deutschland kommen. "Es ist natürlich gerade für junge Spieler ein Argument, dass sie in den Nachwuchsleistungszentren ein professionelles Umfeld mit entsprechenden Strukturen und erfahrenen Trainern vorfinden, in dem sie sich weiterentwickeln", sagt Stefan Ludwig und warnt davor, dass der Vorsprung der deutschen Vereine auf diesem Terrain schmelzenkönnte:"Klubs aus anderen Ligen ziehen mittlerweile nach, weil sie erkannt haben, dass man die Talente schon früher binden muss."
Ist ein solches Talent fertig ausgebildet, soll es beim entsprechenden Verein möglichst lange erfolgreich spielen, oder - wenn die Zeit für einen Transfer gekommen ist - mit maximalem Gewinn weiterverkauft werden. Dass man dabei am liebsten einen Verein in der Premier League als Abnehmer finden möchte, ist auch bei Spielerberater Jörg Neblung kein neuer Trend mehr. "Die deutschen Vereine versuchen natürlich, den bestmöglichen Preis zu erzielen. Und dieser Markt ist eben in England", bestätigt er. "Und der Spieler selbst hat natürlich auch ein Interesse daran, nach England zu gehen, weil das momentan die beste Liga der Welt ist und dort am meisten Geld verdient wird."
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 10 - Eden Hazard
Nach sieben Jahren beim englischen Premier-League-Klub FC Chelsea verlässt der Belgier Eden Hazard (2.v.l.) im Sommer 2019 die Insel und heuert bei Real Madrid an. Die "Königlichen" aus der spanischen Hauptstadt berappen für den Spielmacher 115 Millionen Euro.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 9 - Cristiano Ronaldo
Es ist eine der wenigen Rekord-Kategorien, in der Cristiano Ronaldo nicht an der Spitze steht. 2009 wechselt der portugiesische Superstar für die damalige Rekordsumme von 94 Millionen Euro von Manchester United zu Real Madrid. 2018 zahlt Juventus Turin für den fünfmaligen Weltfußballer sogar 117 Millionen Euro.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 8: Jack Grealish
Im Sommer 2021 verlässt Jack Grealish seinen Heimatverein Aston Villa, dessen Trikot er seit dem sechsten Lebensjahr getragen hat. Manchester City bringt für den Linksaußen der englischen Nationalmannschaft 115,5 Millionen Euro auf - Rekord für einen Transfer innerhalb der Premier League. Grealish trägt an dem Stempel "teuerster englischer Spieler" schwer, wie er später selbst einräumt.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 7: Antoine Griezmann
Nach langem Transferpoker wechselt der damalige Weltmeister aus Frankreich 2019 von Atletico Madrid zum FC Barcelona. Barça überweist die in Griezmanns altem Vertrag festgeschriebene Ablösesumme von 120 Millionen Euro an den Liga-Rivalen. Der Stürmer erhält einen Fünfjahresvertrag - mit einer Ausstiegsklausel über 800 Millionen Euro. Für deutlich weniger Geld wechselt er später zurück zu Atletico.
(Video) Nottingham Forest: Wieso kauft man die Bundesliga kaputt?! -
Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 6: Enzo Fernandez
Gutes Geschäft für Benfica Lissabon: Im Sommer 2022 eisen die Portugiesen Mittelfeldspieler Enzo Fernandez für 14 Millionen Euro vom argentinischen Traditionsverein River Plate los, sieben Monate später verkaufen sie ihn für 121 Millionen Euro an den FC Chelsea. In der Zwischenzeit wurde Fernandez mit Argentinien Weltmeister - und in Katar als bester junger Spieler des Turniers geehrt.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 5 - Joao Felix
Der portugiesische Nationalspieler (r.) gilt als Jahrhunderttalent. Joao Felix ist ein Spielgestalter und kann am Ball fast alles: Er schießt beidfüßig und verfügt über eine exzellente Kopfballtechnik. Im Sommer macht Atletico Madrid das Rennen der Topklubs, die um den Jungstar werden. Die Spanier überweisen für Felix 127,2 Millionen Euro an Benfica Lissabon.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 4 - Philippe Coutinho
2017 wechselt der brasilianische Mittelfeldspieler für 135 Millionen Euro vom FC Liverpool zum FC Barcelona. So richtig glücklich wird Philippe Coutinho bei den Katalanen nicht. 2019/20 spielt er auf Leihbasis für den FC Bayern eine Saison in der Bundesliga. Der deutsche Rekordmeister zieht anschließend jedoch nicht die Kaufoption für Coutinho über 120 Millionen Euro.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 3 - Ousmane Dembélé
Bei Borussia Dortmund als Juwel gefeiert, weckt Ousmane Dembélé schon sehr bald das Interesse der größten europäischen Klubs. Der französische Nationalspieler wechselt im Sommer 2017 zum FC Barcelona - für eine Ablösesumme von 140 Millionen Euro. Noch niemals zuvor hat ein Bundesliga-Verein so viel für einen Spieler kassiert.
(Video) Die Wahrheit über die Bundesliga -
Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 2 - Kylian Mbappé
Längst ist der Franzose zu einem der besten Spieler der Welt gereift. Viele nennen Kylian Mbappé in einem Atemzug mit Superstars wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo. Im Sommer 2017 lässt sich Paris St. Germain den damals 18 Jahre alten Stürmer von Ligakonkurrent AS Monaco 180 Millionen Euro kosten. 2018 wird Mbappé mit Frankreich Weltmeister, 2022 Vizeweltmeister.
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Die teuersten Fußball-Transfers der Welt
Platz 1 - Neymar
222 Millionen Euro - das ist die Ablösesumme, die 2017 im Vertrag des brasilianischen Superstars Neymar beim FC Barcelona festgeschrieben ist. Eine Phantasiesumme, denken die meisten - bis die katarischen Geldgeber von Paris St. Germain kommen. Den ersehnten ersten Champions-League-Titel konnten bisher jedoch weder Neymar noch Mbappé dem französischen Topverein bescheren.
Autorin/Autor: Stefan Nestler
- Datum01.02.2023
- Autorin/AutorAndreas Sten-Ziemons
- ThemenseitenFußball-Bundesliga der Männer, Fußball
- SchlagwörterFußball,Bundesliga,Fußball-Bundesliga,Transfers,Umsatz,Premier League,Deloitte,Football Money League
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